Wielandshöhe Stuttgart, November 2010 (Vincent Klink,*)
Eindrücke zur Wielandshöhe vom vergangenen Samstag:
Hier wieder die Bilder:
Wielandshöhe-Artikel mit Fotos!
Zitat:
Auf Halbhöhenlage in Stuttgart-Degerloch, mit eigener Seilbahnhaltestation befindet es sich: Vincent Klinks Wielandshöhe.
Vermutlich neben dem Jules Vernes in Paris, eines der Restaurants mit der schönsten Aussicht. Eine bessere Sicht in den Kessel Stuttgarts bekommt man vermutlich zumindest nur noch auf dem Fernsehturm.
Vincent Klink kocht hier jedenfalls bereits seit Jahren, mit eingenem unverkennbaren Stil und wenn man es so nennen mag, dann auch gegen den Strom sämtlicher Gourmetrestaurants.
Das Restaurant selbst, von außen modern aber zeitlos,, erinnert schon etwas an die Weißenhofsiedlung. Das Restaurant innen jedoch ist nur schwer einzuordnen. Neben Art Deco über Bauhaus bis klassisch, findet man hier vielerlei Stilrichtungen. Von den Kellnern bis hin zu den Teppichen im Restaurant weht gleichfalls ein Hauch 70er Jahre Gormetrestaurant entgegen. Klinks Wielandshöhe hat jedenfalls einen ganz eigenen sehr gemütlichen Stil. All dies wird verfeinert, durch eine unglaublich hohe Zahl an Gedecken und Blumen im Raum. Die Tische sind sehr eng beieinander und es geht auch etwas lauter zu. Das Restaurant ist immerhin abends bis Weihnachten ausgebucht und auch den Mittagstisch findet man kurzfristig wohl kaum. An diesem Samstag war das Restaurant ausgebucht - die Belastung des Service aber auch.
Da kommen wir auch schon zur wunden Stelle der Wielandshöhe. Bevor ich auf das Essen eingehen möchte, vorerst mein Eindruck zum Service an diesem Tag.
Hier lief so ziemlich alles schief, was nur ging. Es sind keine Details die hier nicht stimmen, keine Feinschliffe die man bemängeln könnte aber nicht muss, sondern elementare Dinge, die in einem Sternerestaurant schwer zu verkraften sind.
Wenn man schon übersieht, dass der Service vor Überforderung und Hektik hier und da mal ein Glas nachzuschenken vernachlässigt, denn dies ist auch verständlich, denn die Kellner gallopieren nur so umher im Restaurant, so sollte zumindest die Anspannung und der Stress bei einem ausgebuchten Restaurant nicht für die Besucher deutlich werden. Der Gast selbst erlebt die Hektik und Anspannung und er hört sie. Es ist nicht nur so, dass der Service hier und da mal bei einer größeren Gesellschaft nicht mehr weiß, wer von den acht Personen am Tisch einen Espresso wollte und wer wer einen doppelten. Es passieren auch Dinge, die einem ausgebildeten Service niemals passieren dürfen. Das sind solche Dinge, wie das ein umgeschüttetes Glas ungesehen seinen Weg auf den Boden nimmt und eine nasse Tischdecke für die nächsten zehn Minuten hinterlässt. Spätestens wenn man den "Gruß aus der Küche" auf dem durchtränkten Tisch präsentiert, sollte dies doch zumindest auffallen, oder etwa nicht? Schaut man genau hin, so bestand der Service an diesem Tag mehr aus Lehrlingen, als vollausgebildetem Personal. So hatten die Oberkellner unter all diesem Druck auch noch damit zu kämpfen, die Lehrlinge zu beobachten und hier und da einzuschreiten. Doch von einem ausgebildeten Personal erwartet man zumindest, dass Probleme hinter der Theke besprochen werden und Lehrlinge nicht vor dem Gast denunziert werden.
Bei einem weiteren Blick auf die Karte, fällt auf, dass es mittags nur das kleine Menü gibt. Sowohl aus zeitlichen Gründen (6 Gänge würden hier und da schon fast bis zur Abendbesetzung dauern) als auch aus organisatorischen Gründen leuchtet dies ein. Schaut man sich im Restaurant um, so fällt auf, dass 3/4 der Gäste à la carte wählt, was einen ungeheuren Aufwand sowohl für die Küchenbrigade als auch den Service mit sich bringt. Wenn dann auch noch mehrere Gesellschaften speisen und alle verschiedene Gerichte verlangen, möchte man selbst nicht in der Haut des Service stecken. Dieser macht dann zwar die Gäste freundlich darauf aufmerksam, dass eine gleichzeitige Präsentation der Speisen schwer durchvollziehbar ist. Andererseits kann man auch trotzdem nicht dem einen Gast am Tisch das Dessert reichen, während der andere noch am Hauptgang arbeitet.
Insgesamt war der Service teils sehr bemüht, jedoch auch teils etwas lustlos und desinteressiert. Nichtsdestotrotz konnte man deutlich spüren, dass hier einfach Fachkräfte fehlen, die den Servie unterstützen. Andernfalls wird die Anspannung auf den Gast abgewälzt.
Dock kommen wir nun zum Essen. Gehen wir über den vollbelasteten Service hinweg und konzentrieren uns auf Klinks Kreationen. Hier gibt es nämlich einiges zu berichten.
Vorerst wird klassisch Lauchquiche serviert. Die seit Jahren. Das hat auch seine Berechtigung. Quiche lauwarm serviert, perfekt zubereitet, simpel, regional, günstig und doch so gut.
Diese Einstimmung zeigt was einen erwarten wird im Laufe des Menüs.
Das zum Menü servierte Brot war extrem gut. Es gab dazu Butter von fast puddingartiger Konsistenz. Wirklich lobenswert!
Als nächstes ein zweiter Gruß aus der Küche, ebenfalls regional und simpel. Hochkonzentriert und damit höchstaromatisch ein Paprikamousse mit Crème fraiche und einer Olive. Nicht umsonst wurde dieser Gruß in der espressotassenähnlichen Form serviert.
Wir wählten das 4-Gang Menü mit Weinbegleitung. Vorerst ein Lob an den Sommelier. Die Weine waren bestens abgestimmt, simpel wie das Essen und doch so aussagekräftig. Zwischen Wein und Speisen bestand eine perfekte Harmonie von der Vorspeise bis hin zum Dessert.
Als Vorspeise wurde ein "Salat vom Kalbskopf mit Bordeaux-Essig" gereicht. Als Weinbegleitung gab es, wie kann es anders sein -Fellbacher Weissburgunder vom Weingut Aldinger. Ein frischer 2009er Untertürkheimer Gips **, trocken.
Der Wein war schön kraftvoll, trocken und kurz.
Bereits in der Vorspeise wird schnell klar, worum sich Klinks Küchenphilosophie dreht. Einfache regionale Gerichte. Soweit es geht (und Sinn macht) alles Bio Produkte, saisonal und dann, wenn die Produktqualität stimmt. In gewissem Sinne steckt also auch in Klink ein kleiner Ducasse, auch wenn dieser eben jedes Produkt wertschätzt und dessen Qualitätsstreben sich fernab von monetärer Rücksicht bewegt.
Der Kalbskopf in Sülze war hauchdünn geschnitten, so dünn, dass mir zumindest die ein oder andere Scheibe zu Hause beim Anrichten in ein Kalbskopfmosaik zerfallen würde. Der Geschmack kam so jedenfalls optimal zur Geltung.
Daraufhin wurde eine Suppe präsentiert, die auch einen Tag später noch beeindruckt und beschäftigt. Die "Hokkaido-Kürbissuppe mit Kernöl" war für mich eines der Schlüsselerlebnisse. Wegen genau solchen Gerichten besucht man zahlreiche Restaurants. Wunderbar wenn solche Erlebnisse geschehen. Gleichzeitig auch beeindruckend, wie ein so simples gar zu banales Gericht beeindruckt.
Die Kürbissuppe, welche man zu dieser Zeit ja nun wirklich fast in jedem Restaurant bekommt und leidr nahezu immer dieselbe Handschrift zu scheinen trägt, wurde jedenfalls hier bestens serviert. Endlich mal keine Crèmesuppe. Stets bekommt man Kürbiscrèmesuppe, hier gab es die Essenz vom Kürbis! Ein ganz simpler Hokkaidokürbis, der ähnlich wie ein Schnaps, der die Essenz einer Frucht darstellt, durch das Kernöl unglaublich geradlinig und expressiv schmeckt. Ein wahres Meisterwerk. Genau wegen solchen Erlebnissen ist man auf der Suche nach Restaurants. Ein solches Schlüsselerlebnis, wie man es selten bekommt. Das verrückte daran, dass es sich hierbei nur um eine simple Kürbissuppe handelte. Doch genau dies ist die Schwierigkeit. Wie Klink es einmal über seine Maultaschen sagte, ist hier das Wagnis enorm hoch, denn diese Suppe misst sich mit jener von sämtlichen Hausfrauen, die allesamt meinen, die beste Kürbissuppe zubereiten zu können.
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