Woran erkennt man richtig gute Pralinen?
Nachdem ich in meinem anderen Artikel „Wie erkenne ich wirklich gute Schokolade“ eher auf reine Schokoladen einging, versuche ich nun in diesem Artikel Kriterien vorzustellen, die eine Beurteilung von Pralinen ermöglicht. Doch was ist eine Pralinen eigentlich? Definieren wir Pralinen mal als mit anderen Zutaten gefüllte Schokolade. Der Name Praline hing ursprünglich mit einem Missgeschick zusammen, weil ein Küchenjunge Mandeln versehentlich ausleerte und der ihn züchtigen wollende Koch beim Vorbeigehen einen Topf mit gebranntem Zucker zufällig darüber ausleerte.
Ich persönlich habe eine sehr konkrete Erwartungshaltung an gute Pralinen, die sehr selten erfüllt wird, weshalb ich bis vor kurzem kaum Pralinen in mein Programm aufnahm. Kriterien: 1. Verpackung: Über die optischen Anreize der Verpackung möchte ich nicht schreiben, aber über gewisse Kriterien, die bei der Verpackung erfüllt sein sollten. Die Verpackung muss ausreichend Schutz vor Druck, Temperaturschwankungen und Luft erfüllen. Viele kleine Pralinenhersteller, welche nicht über ausreichende Maschinen verfügen, verpacken die Schokolade entweder zu luftig, oder zu luftdicht. Versteht man Schokolade als Naturprodukt, dann versteht man auch Pralinen als Naturprodukt und entsprechend kann sowohl bei falscher Lagerung(richtige Lagerung je nachdem zwischen 15 und 20 Grad Celsius), als auch bei zu starkem Luftentzug der Geschmack leiden. Eigengeschmack von Gummi in der Verpackung, der leider all zu oft die Pralinen selber beeinträchtigt ist hier zu erwähnen. Wichtig ist, dass Pralinenverpackungen auf die eine, oder andere Art versiegelt sind, aber ganz leicht Luft eindringen lassen. Die Verpackungen sollten darüber hinaus gewisse Temperaturschwankungen ertragen können. Das Inlet sollte die Pralinen gut vor Druck schützen und keinerlei Geschmack abgeben. Dies alles klingt selbstverständlich, ist es aber bei weitem nicht. Gerade in Kleinserie hergestellte Catonagen dünsten gerne aus. 2. Zutatenliste: Gute Pralinen brauchen keine künstlichen Zusätze, wie Vanillin, Antioxidationsmittel, .... einzig Sojalecithin, meist als E322 gekennzeichnet erscheint eine nötige Zugabe, aufgrund der besser kontrollierbaren Aushärtungsprozesse der Schokolade, sowie anderer Zutaten, wie Butter, oder Sahne. Die Angabe von verwendeten Kakaosorten ist selten, da viele Chocolateros ein Geheimnis um die genaue Rezeptur erhalten möchten und da sie gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind. Ich weiß bei meinen Pralinenherstellern die Sorte und gebe diese auch bei Anfrage weiter. Schön ist es, wenn auf der Zutatenliste Herkunftsbezeichnungen zu finden sind. Zum Beispiel welche Mandelsorte verwendet der Hersteller und woher stammt diese. Da Mandel nicht Mandel ist und Schokolade nicht Schokolade, sollte auch auf der Verpackung ein solches Kriterium vorhanden sein, ist aber sehr selten. 3. Haltbarkeit: die Aussage von Elli bewog mich insgesamt diesen Artikel zu schreiben, da sie meinte: Ganz einfach, frisch muss sie sein“ nur sehr bedingt als Qualitätsmerkmal stimmt. Es hängt stark von den verwendeten Zutaten ab. Glücklicher Weise gibt es immer mehr Pralinen, die weniger Butter, oder Sahne enthalten. Genau diese beiden Zutaten erfordern tatsächlich eine geringe Haltbarkeitsgrenze. Ja nachdem, wie sie eingebunden sind, sollten diese nicht länger als 5 Monate lagerfähig markiert sein. Je höher der Anteil von Butter, oder Sahne, desto kritischer die Haltbarkeit. Viele Hersteller verwenden gerne Butter, oder Sahne, weil Kakao viel teurer ist und so gespart werden kann. Die Haltbarkeit von Pralinen ohne Sahne, Butter,.... welche nur mittels Schokolade und Kakaobutter angereichert sind, halten sehr viel länger. Milchpulver, welches sich ebenfalls recht häufig in Pralinen wiederfindet, ist ebenfalls ein Kriterium, welches die Haltbarkeit herunter setzt. Nüsse natürlich auch. Hier ist die Frage zustellen, wie Nüsse eingebunden sind. Schokolade an sich hat derart viele Antioxidantien, dass sie nicht ranzig wird. Ist also die Praline gut geschlossen, kann es die Haltbarkeit gut beeinflussen. Früchte und Gewürze sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Schokolierte und vorher karamellisierte Mandeln halten mitunter gut ein Jahr. Manche Buttertrüffel nur 2 Tage. Wie gesagt, es hängt davon ab, was man unter Pralinen versteht. 4. Geruch: gute Zutaten, sowie die Schokolade sollten auch danach riechen. Der Duft darf keinesfalls künstlich wirken. 5. Aussehen der Pralinen: Es gibt durchaus angelaufene Pralinen, die trotzdem sehr gut schmecken. Es gibt auch Chocolatiers welche bewusst die Schokolade anlaufen lassen, um die Textur zu verändern. Im Normalfall sind aber angelaufene, sprich matte Pralinen einfach schlecht gelagert, oder verpackt, oder zu schnell verarbeitet worden. Eine gute Praline sollte glänzen. Pralinen haben oft eine flache Unterseite und genau die sollten sie genauer betrachten. Sind weiße Pünktchen zu sehen, kristallisierte die Schokolade schlecht aus, oder wurde falsch gelagert. Am besten sollte ein einheitliche samtiger Glanz zu sehen sein. Die Praline sollte unbeschädigt und keinesfalls zerschmolzen sein. Bricht man die Praline so sollte die Struktur der Schokolade feinporig sein. Finden sie schlecht verschlossene Abdichtungen, haben sie es mit einem Stümper zu tun. Ist die Form der Praline mundgerecht? Manche Pralinen sind zu eckig, zu ungelenk um in unseren Mündern sich anzuschmiegen. Viele sind schlicht zu groß. Kleine Pralinen schmiegen sich leichter an und optimieren somit die Akzeptanz des Mundraums. 6. Geschmack: Perfekte Zutaten ergeben bei richtiger Handhabung und Kombination ein ebensolches Ergebnis. Fragen sie nach, welche Zutaten verwendet werden und wie diese verarbeitet wurden. Mittelmäßige Zutaten kann man zwar aufpeppen, aber kaum in Konkurrenz mit wirklich Gutem schicken. Jeder von uns hat eine meist in der Kindheit geprägte Vorstellung von Pralinen, wie sie aussehen müssen, wie sie riechen sollen und vor allem wie sie schmecken sollen. Nun erwähnte ich schon in vielen anderen Artikeln, dass wir sehr, sehr selten in unserer längeren Vergangenheit wirklich gute Schokolade, geschweige denn gute Pralinen erwerben konnten. Seit langer Zeit herrschen Konsumkakaos vor, die nichts, aber auch gar nichts mit guter Schokolade zu tun haben. Sprich man muss sich erst an den Geschmack wirklich guter Schokolade und somit Pralinen gewöhnen. Pralinen müssen auch nicht immer süß sein. Es gibt Spezialisten die nur saure und knusprige Pralinen herstellen. Reine Prägung, dass Pralinen süß sein sollten. Bis heute allerdings wage ich es nicht, saure Pralinen anzubieten, obwohl ich diese ausgesprochen gut und interessant finde. Beißen sie einmal hinein und warten sie ab. Was passiert, tut sich was, sind es weiche Zutaten, oder harte, wie z.B. Nüsse? Wie vermischen sich die Zutaten? Harmonisieren die Zutaten miteinander, übertrumpfen sie sich gegenseitig? Wie ist die Textur und vor allem schmeckt Ihnen das Ergebnis? Viele Hersteller kombinieren Zutaten, die sie besser nicht kombinieren hätten sollen. Manch andere wiederum verbinden unwahrscheinlichste Geschmäcker zu einer perfekten Kombination. Klebt irgendwas am Gaumen, schlechte Wahl. Schmilzt die Praline zart, trotz verschiedenster Zutaten, dann sind sie genau richtig. Gute Pralinen mit weichen Zutaten brauchen ganz wenige Bisse, harte Zutaten in der Pralinen natürlich mehr. Aber beißen sie nicht unnötig oft. Spielt sich im Mund eine dramaturgische Darstellung ab, die gekonnt jede Zutat zum rechten Zeitpunkt in den Vordergrund rückt, dann haben sie einen Haupttreffer gelandet. Eine derartige Inszenierung offenbart sich allerdings nur dem geduldigen Wenigbeißer. Haben sie ein angenehmes Mundgefühl auch nach dem Genuss, um so besser. Da gute Pralinen Naturprodukte sind, schmecken sie bei jeder Lieferung anders! Manche Meisterchocolateros spielen mit unseren Erwartungen, unseren Geschmäckern. Oriol Balaguer ist ein Vertreter dieser Meisterschaft. 7 Jahre Mitarbeit bei Adriá Ferráns El Bullí prägen. Seine schwarzen Trüffelhonigpralinen verblüfften noch jeden. Sein ich liebe dich auf Catalán ist eine Inszenierung wenn man die Pralinen von links nach rechts kostet..... Alles ist perfekt durchdacht und nicht ein reines Hohlkörperfüllen. Stossen sie beim ersten Bissen auf eine Zuckerschicht, dann sind sie absolut falsch. Schokoladenhohlkörper mit Zuckerschicht sind Verhöhnungen hoher Pralinenkunst und nicht nur überall zu kriegen, sondern auch absolut verfälschend. Die Schokolade sollte nicht immer die Hauptrolle in diesen Kompositionen einnehmen, oft aber doch. Die Textur ist ein ganz entscheidendes Kriterium, sehr subjektiv und daher schwer zu beschreiben. Ich will von einer guten Pralinen auch überrascht werden und dies kann sehr gut über die Textur gesteuert werden. Wer mehr über gute Schokolade wissen möchte, dem empfehle ich meine Homepage: www.black-brown-white.com und meinen Artikel über wie erkenne ich gute Schokolade im Feinschmeckerforen. 7. Wie geht’s ihnen danach? Haben sie ein übermäßiges Völlegefühl, dann ging es daneben, außer sie schlugen sich den Bauch voll. Mit guten Pralinen ist es wie mit guten Menüs. Man sollte satt, zufrieden und ohne all zu starkes Völlegefühl das Lokal verlassen können. Die Verhältnisse der Rezepte zueinander und deren Portionierung spielen da wie dort eine wichtige Rolle. Ich selbst halte mich für weitaus zu ungeschickt und daher handle ich mit Pralinen, die diesem Anspruch voll und ganz erfüllen. Wirklich gute Pralinen sind immer Handarbeit und kleine Kunstwerke. Selbstgemachte Pralinen erfordern neben einer sehr geschickten Hand auch ein großes Instrumentarium, sowie viel Geduld! Viel Spaß beim Ausprobieren. bbw |
AW: Woran erkennt man richtig gute Pralinen?
Lieber BBW,
herzlich danke ich Dir mal wieder für diesen Fleißbeitrag. Freue mich über so eigenhändige Beiträge und den wertvollen Inhalt. Liebe Grüße Bärbel |
AW: Woran erkennt man richtig gute Pralinen?
Danke Bärbel!
Hab mir lange überlegt dieses schwierige Thema anzupacken. Vollständig ist das Thema nicht erfasst und viele Fragen stehen bei der möglichen Varianz offen. Zum Glück, denn hier soll man diskutieren und ergänzen. Auch tröstet es mich selber, wenn ich weiß es gibt noch viele, viele Möglichkeiten, die ich nicht einmal erahne. Schönen Gruß: Bernhard |
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