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sternefresser 14.06.2005 23:51

Special - Deutschlands Beste: Waldhotel Sonnora, Dreis
 
Es war lediglich eine Frage der Zeit, bis Sternefresser auch die ‚großen Vier’ besuchen würde. Den Anfang dieser illustren Serie macht Helmut Thieltges im Waldhotel Sonnora. Thieltges ist einer der wenigen 3-Sterne-Köche unseres Landes, die nicht im geschlossenen Kreis der Sterne-Gastronomie der 80er und 90er herumgereist sind, sondern konsequent seit 1978 den Weg im elterlichen Waldhotel fortgeschrieben hat.

Unter Umständen hat diese Vita ohne zumindest äußerlich erkennbare Highlighs (Pondresina, Breidenbacher Hof und Bastei) seinen Weg geprägt. Immer wenn wir an diesem Sonntag Löffel oder Gabel in die Hand nahmen und mit einer seiner Kreationen in Kontakt kamen, zeigte sich die Konzentration auf das Wesentliche. Wo andere Köche sich in einem Feuerwerk von Kreativitäten ergehen, kommt Thieltges konsequent auf den Punkt. Kombiniert mit Zutaten von offensichtlich höchster Qualität führt dieser engagierte Ehrgeiz (ein Wort das heute fälschlicherweise oftmals negativ gedeutet wird) zu einem unfassbar großartigen Gastronomieerlebnis.

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Bereits mit dem umfangreichen Amuse Geule beweist er immense handwerkliche Fähigkeiten und viel Liebe zum Detail: 5 Kleinigkeiten ergänzen sich großartig zu einem Gesamtkunstwerk, das die inzwischen an Perfektion grenzende Tradition von ‚Grüßen der Küchenbrigade’ eindrucksvoll unter Beweis stellt. Insbesondere die gratinierte Auster sollte hier hervorgehoben werden, da diese durch die mit der Zubereitung einhergehende ‚Entschärfung’, auch von Gegnern der Meeresfrucht genossen werden konnte.

Perfektion ist auch die passende Vokabel, die uns beim Genuss der folgenden drei Gänge beschäftigen sollte: die gratinierte Felsenrotbarbe konnte ebenso wie die Wachtel mit gebratener Gänsestopfleber auf einem Pfifferlingsbeet vollends überzeugen. Der kulinarische Höhenflug schien zu diesem Zeitpunkt keine Steigerung mehr erfahren zu können, als der Eifeler Rehrücken mit Korinthenkruste den Weg an unseren Tisch fand: Küchenkunst in Vollendung! Das Großartige ist insbesondere, dass immer dort, wo auch große Küche Probleme bekommt, das einfache in elementarer Weise siegt. Die Küchenkräuter zur Rotbarbe und der Sud explodieren zu gigantischen Geschmackserlebnissen, das Mousse der Tomate ist im Geschmackserlebnis faszinierend frisch, exotisch und doch so einfach.

Doch wie so häufig lagen dann irgendwann auch in der Südeifel Freud’ und Leid eng beieinander: Nach den überragenden ersten vier Gängen folgten die Desserts, die nicht in der bis dato angestammten Weise begeistern konnten. Das Gezeigte war allemals Durchschnitt und der Gastronomie mit solcher Reputation nicht würdig. Ob ein schlechter Tag oder konzeptionelle Schwächen - wir wollen hier kein endgültiges Urteil fällen, wenngleich die Sorbets als Zwischengänge und eine gute Käseauswahl letztendlich doch dazu führten, dass der Auftritt des Küchenteams kein Wässerchen trüben konnte.

Das Serviceteam um Ulrike Thieltges und Sommelier Kokemoor ist unauffällig, serviceorientiert und immer zur Stelle, wenngleich wir uns bei der Weinauswahl noch eine stärkere Experimentierfreudigkeit und Führung durch die Anbauregionen und das Geschmackzusammenspiel mit der Küche gewünscht hätten. Der Weinkeller - davon konnten wir uns persönlich überzeugen - hat das Potenzial dazu.

Was bleibt, wenn der Durst gestillt und die Sättigkeit kommt?

Unverständlich die Digestif-Auswahl: Die Argumentation der zu hohen Einkaufspreise bei einem Rochelt und des Fokus auf regionale Produkte mit einem entsprechenden Preis-Leistungsverhältnis ist angesichts eines vertretenen 'Zieglers Nr. 1' und der überragenden Qualität des Tirolers nicht haltbar. Und wir fragen uns: Würde Thieltges in dieser Form bei den Zutaten argumentieren? Außerdem rief das Dekor der ersten beiden Gänge Erstaunen hervor. Auch hier wird das Küchenkonzept nicht konsequent umgesetzt, sondern Simplizität durch optische Effekte überdeckt.

Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass - wenn Thieltges Besucherschaft, die wir an diesem Tage antrafen, ebenso schnell altert, wie seine Qualität in den letzten 20 Jahren gestiegen ist - dem Sonnora perspektivisch das Publikum ausgeht. Warum? Fünf großartige Stunden haben unser Leben für immer bereichert und uns unvergessliche Momente beschert. Mehr Gastronomen dieser Art, die das Produkt und dessen Qualität komplett in den Mittelpunkt Ihres Handelns stellen, wären ein großartiges Vorbild und eine gute Schule für viele junge Menschen, die sich bei den sogenannten In-Gourmets tummeln und niemals erfahren werden, was es heißt, das zarte Fleisch eines Eifler Rehs dorthin zu garen, wo es hingehört.

Mit kleinen Abstrichen ist im Sonnora jeder Stern ein Treffer. Wir verneigen uns in tiefer Ehrfurcht

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Günter L. 15.06.2005 19:37

AW: Special - Deutschlands Beste: Waldhotel Sonnora, Dreis
 
Hallo Sternefresser,
eine sehr aussagekräftige Beschreibung über ein Restaurant, das ich leider noch nie besucht habe.
Dass es keinen Rochelt gibt, finde ich, obwohl ich ein Fan seiner Brände bin, nicht so schlimm. Sie sind wirklich sauteuer, aber wenn man seine Produktionsmethoden kennt, versteht man es.
Ich habe ein bißchen in Deiner Internet-Seite geblättert, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Ich überlege mir,ob ich mir in Zukunft nach der "Sternefresserei" nicht auch ein paar Notizen mache, damit der gewonnene Eindruck nicht so schnell verblasst.
Liebe Grüße Günter

KingKreole 16.06.2005 03:38

AW: Special - Deutschlands Beste: Waldhotel Sonnora, Dreis
 
Hallo Günter L.
Zitat:
Ich überlege mir,ob ich mir in Zukunft nach der "Sternefresserei" nicht auch ein paar Notizen mache, damit der gewonnene Eindruck nicht so schnell verblasst.

das finde ich echt gut!
LG. KingKreole

Stephanbrux 02.07.2007 16:53

AW: Special - Deutschlands Beste: Waldhotel Sonnora, Dreis
 
Das Waldhotel Sonnora trifft meinen Geschmack unter allen 3-Stern Restaurants am besten. Ich habe Helmut Thieltges fantastische Küche leider erst 2004 kennengelernt und bin seitdem regelmäßig 2x pro Jahr dort essen gewesen. Nie war ich enttäuscht, leider habe ich erst spät angefangen mir "kulinarische Notizen" zu machen so erinnere ich mich neben dem berühmten Eifeler Reh und der Challans Ente mit Gewürzhaut noch an ein Perlhuhn in zwei Gängen serviert, von dem ich heute noch träume ;-)

Last but not least ist das Preisniveau zwar angemessen hoch, aber noch weit entfernt von den preislichen Höhenflügen anderer mit 3 Sternen ausgezeichneter
Köche.
Mein Fazit: Unbedingt empfehlenswert.

kulinarische Grüsse
Stephanbrux

Taillevent 02.07.2007 22:20

AW: Special - Deutschlands Beste: Waldhotel Sonnora, Dreis
 
Hallo Stephan,

da schließe ich mich gerne an. Ich war heuer im Mai zum ersten und hoffentlich nicht zum letzten Mal dort. Der unaufgeregte, klassische Küchenstil und die hohe Produktqualität haben mich begeistert. Ich finde das ebenso spannend wie die Kochexperimente (vermeintlicher) Kochkünstler.
Allgemein gehört mein größter Respekt den Chefs, die über Jahrzehnte in ihren Häusern Tag für Tag eine überragende Qualität bieten. Diese Leistung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, auch wenn die Molekular-Kreativlinge in der Presse deutlich präsenter sind.

Mit kulinarischen Grüßen
Taillevent


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