Maischollen sind ein vielfältiges Saisongericht
Hamburg - Die einen sprechen poetisch vom «Goldbutt», die anderen pragmatisch vom «Platteisen». Gemeint ist die Scholle, der beliebteste Plattfisch hier zu Lande.
Traditionell hat er im Mai seinen großen Auftritt: Die Laichzeit ist beendet, und die Fangsaison beginnt. Gourmets schätzen die ersten frischen Schollen des Jahres, die Maischollen, wegen ihres mageren und eher weichen Fleisches. Ihr Aroma erinnert an Petersilie und Gurke. Ganz nach Gusto wird die Maischolle gebraten, gegrillt, gekocht, gedünstet oder gebacken.
«Je nach Fanggebiet ist eine Mindestkörperlänge von 25 bis 27 Zentimetern festgelegt», sagt Silke Schwartau, Ernährungsreferentin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Während eine ausgewachsene Scholle durchaus 90 Zentimeter lang und sieben Kilo schwer wird, guckt die Handteller große zarte Maischolle kaum über den Tellerrand. Es ist kein Wunder, dass sie bevorzugt als Ganzes zubereitet wird. Aus einem rohen Fisch mit einem Gewicht von rund 350 Gramm wird dabei eine Portion mit rund 200 Gramm Fischfleisch.
Viele Fischhändler bieten küchenfertig vorbereitete Schollen an. Ist dies nicht der Fall, wird der Fisch mit ein paar Handgriffen gesäubert. Der Kopf wird mit einer Fischschere vom Rumpf getrennt. Die Innereien werden durch einen seitlichen Schnitt entnommen. «Dann wird der Fisch gut ausgespült, trocken getupft, mit Zitronensaft beträufelt, gesalzen und gepfeffert», erläutert Gudrun Gröschel, Geschäftsführerin des «Fischerhauses» in Hamburg.
Schließlich wird die Scholle beidseitig in Mehl gewendet und gebraten, bis sie goldgelb ist. «Legen Sie den Fisch dann ein paar Minuten zum Nachgaren in den Ofen», empfiehlt Oliver Boland, Küchenchef im Restaurant des «Lindner Hotels Rhein Residence» in Düsseldorf. Denn das Fleisch löst sich besonders leicht von den Gräten, wenn es gut durchgegart, glasig und saftig ist.
Im «Fischerhaus» sind deftige Schollengerichte die Renner: «Wer den puren Fischgeschmack möchte, nimmt Scholle mit Zitronenbutter», sagt Gröschel. «Traditionell servieren wir Scholle gern nach Finkenwerder Art - also mit gebratenen Speckwürfeln und Petersilie bestreut.» Dazu gehört Kartoffelsalat, am besten mit Essig, Öl und Zwiebeln angemacht. «Wir haben auch Kunden, die Bratkartoffeln als Beilage bestellen. Doch das ist dann insgesamt sehr fettreich.» Beliebt sei auch der Klassiker aus Büsum: Kleine Nordseekrabben werden leicht gedämpft und auf die Scholle gestreut. Dazu passen Salzkartoffeln besonders gut.
Der Plattfisch muss jedoch nicht unbedingt gebraten werden. «Mit nur wenig Fett- und Wasserzugabe ist das Dünsten eine sehr gesunde Zubereitungsart, da Eigengeschmack, Nährstoffe und Vitamine erhalten bleiben», schlägt Christina Steinbauer vom Fisch-Informationszentrum in Hamburg vor.
«Dabei wird der Fisch mit wenig Brühe oder auch Weißwein - nicht mehr als dass der Boden des Topfes einen Zentimeter hoch mit Flüssigkeit bedeckt ist - oder mit tropfnassem Gemüse in ein geschlossenes Gefäß gegeben.» Je nach Größe wird die Scholle dann im vorgeheizten Backofen bei 175 Grad Celsius oder bei mittlerer Hitze auf der Herdplatte bis zu 40 Minuten lang gegart.
Als Ganzes zubereitet, hat die Scholle aber einen großen Nachteil: Weniger geübte Fisch-Genießer brauchen so lange, um die Gräten am Tisch herauszufischen, dass die Beilagen nicht mehr dampfen. Das kann nicht passieren, wenn Schollenfilets serviert werden. Die vier Filets einer Maischolle sind jedoch zugegebenermaßen ziemlich klein.
«Wir servieren während unserer Maischollen-Wochen gebratene Filets auf lauwarmem Kartoffel-Bärlauch-Salat oder auch gebackene, panierte Filets mit Sauce Tartar und Petersilienkartoffeln», erläutert Boland. Auch die Filets lassen sich kalorienarm dünsten oder dämpfen. Dabei ist allerdings äußerste Vorsicht geboten, weil das fettarme Fleisch leicht zerfällt. «Sehr lecker sind in Riesling gedünstete Filets, die auf Blattspinat mit einer Dill-Rahmsauce und Reis serviert werden». Die Mini-Filets brauchen beim Dünsten nur fünf bis zehn Minuten.
Eine echte Maischolle darf nur so heißen, wenn sie schnellstens aus dem Wasser in die Pfanne kommt. Die Frische lässt sich am Äußeren erkennen: «Die Kiemen einer fangfrischen Scholle sind leuchtend rot. Die Punkte auf der Haut sind rot, keinesfalls gräulich. Trübe oder eingefallene Augen sind ein Zeichen, dass der Fisch schon einige Tage liegt», sagt Verbraucherschützerin Silke Schwartau. Während bei älteren Fischen die Oberfläche ausgetrocknet wirke, glänze sie bei frischem Fisch schleimig. Frische Schollen dürfen nicht stark fischig riechen. Sie duften nach salziger Meeresluft. «Bei einem Drucktest sollte das Fischfleisch außerdem elastisch nachgeben.»
Ob als Ganzes, filetiert, gebraten oder gebacken, gedünstet oder gedämpft: Die Maischolle ist auch ein wichtiger Lieferant für Vitamin D und Jod. Jedoch sei die Scholle «insgesamt sehr stark in ihrem Bestand gefährdet», warnt die Ökotrophologin. Zudem werde der Meeresboden durch die Fangmethoden oft empfindlich gestört. «Sicherlich bedeutet dies nicht, dass man keine Scholle mehr essen darf. Aber gerade die Maischolle sollte als besondere Delikatesse geschätzt werden.»
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lvz