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Alt 30.06.2010, 12:36   #2
Budi
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AW: Schwarzwaldstube Baiersbronn: H.Wohlfahrt (erneuter Besuch)

Nachdem ich mein erstes Mal in der ***-Gastronomie in der Schwarzwaldstube bei Herrn Wohlfahrt verbracht habe und dieses Erlebnis sicherlich eines der kulinarischen Highlights darstellte, beschloss ich sehr schnell darauf, erneut hierher zu gehen.

Das war im Januar.

Für meine gewünschtes Datum, fast exakt ein halbes Jahr später, war damals aber nur noch der Mittagstisch frei.

Obwohl ich anfangs gerne hätte abends essen wollen, bereue ich im Nachhinein nichts und freue mich umso mehr, nun Erfahrungen zu beiden Tageszeiten zu haben.

Ich sage es gleich im Voraus, so kann man sich besser auf den Artikel einlassen:

Dieses Essen, überraschte mich erneut und war für mich das bis dato beste Essenserlebnis!

Waren ich und meine Begleitung beim ersten Besuch noch etwas angespannt und unsicher (was jedoch gleich durch den äußerst charmanten Herrn Fischer uns seine Umgangsart weggemacht wurde), so konnten wir den zweiten Besuch aufs Vollste genießen.

Nie habe ich mich in irgendeinem Restaurant wohler gefühlt.



Zuerst möchte ich auf den Service und das Ambiente eingehen:

Auch wenn viele Depressionen vom von vielen als erdrückend empfundenen Ambiente (große dunkle Holzdecke) bekommen, so fühlte ich mich mittags noch wohler in der Schwarzwaldstube.

Das liegt vor allem am wundervollen Ausblick ins Tonbachtal, den man abends nicht hat. Insgesamt wirkt der Raum mittags aber einfach frischer und größer.



Der Service ist für mich hier einer der allerbesten. Erneut waren wir begeistert vom netten Personal, fühlten uns wohl. Dies wurde eigentlich nur noch dadurch gesteigert, dass wir uns fast schon heimisch fühlten, nachdem uns eigentlich der gesamte Service wiedererkannte.

Doch nun zum Kern des Besuches:

Als Aperitiv wählte ich einen Champagner eines Weingutes, welches ich schon länger im Auge hatte.

Es war ein Rosé von Egly-Ouriet, einem sehr kleinen Weingut, welches fast nur Trauben aus Grand-Cru Lagen verwendet.

Der Champagner war wundervoll elegant, erinnerte an gekochte Erdbeeren und war für mich noch eine Facette interessanter als mein bisheriger Rosé-Favorit von Billecart-Salmon, welcher ebenfalls neben einer sehr tollen großen Auswahl an weiterem Champagner zur Verfügung stand.

Anstatt der gesalzenen Butter, wählten wir diesesmal ein Ciabatta mit Oliven und Olivenöl aus Calibri.

Wir nahmen das „Große Degustationsmenü“ in unveränderter Form und bestellten dazu noch einen Hauptgang ALC für zwei Personen.

Wie gewohnt bekommt man bei Wohlfahrt ein Amuse Bouche in vierfacher Ausführung.

Wieder ein sehr interessanter Gruß aus der Küche:



Oben links ein Froschschenkel mit Petersilie und Pfifferling, unten links Fisch auf Tomatenfleisch und unten rechts ein Hering mit Sekt verfeinert und einem knusprigen Element.

Der Froschschenkel für mich das Highlight. Dieses Bällchen, welches man mit einem Happen essen konnte, war gefüllt mit einem Fleischsaft, welcher sich im ganzen Mund ausbreitete wobei der Schenkel im Mund regelrecht zerging wie Butter. Als Abgang dann der salzige Hering, welcher durch das krosse Elemtent und die Salatblättchen enorm intensiv rüberkam.

Für die ersten Gänge, wählten wir einen deutschen Riesling von einem unserer Lieblingswinzer der Nahe.

Es war ein Großes Gewächs von Dönnhoff aus dem Jahr 2007, aus einer der Toplagen, dem Norheimer Dellchen.

Hier begeisterte uns schon die Auslese aus gleichnamiger Lage.

Der Riesling zeigte sich enorm filigran, vielschichtig und trotz seiner 12,5%vol. wirkte er schön leicht uns begleitete die Gänge sehr gut mit seinem leicht spritzig säuerlichem Ton und der Restsüße.



Zum Auftakt gab es „Hummer-Rondelle mit marinierten Spargelspitzen an Trüffel-Vinaigrette“.



Welche Köstlichkeit als Einstieg! Hummer bei Wohlfahrt bleibt für mich ein Highlight. Nirgendwo habe ich den Hummer so saftig und komplex in Erinnerung wie hier. Die marinierten Spargelspitzen, Trüffel-Vinaigrette, einfach delikat.

Mir gefällt hier an Wohlfahrt, dass er den Hummer an sich darstellt und durch die Beilagen seinen Charakter perfekt wiedergibt und in allen Facetten erweitert. Das Geschmackserlebnis konzentriert sich auf den Hummer, die Beilagen unterstützen dies nur.

Der warme Zwischengang bestand aus „Kleinen Schnecken-Ravioli mit Frühlingslauch, Pfifferlingen und Petersilien-Schaum“. Obendrauf wieder knusprige Kartoffelchips.



Ich gebe zu, ich musste mich etwas überwinden, denn man konnte hier klar und deutlich die Schnecken erkennen, doch es lohnte sich.

Dieser Gang glänzte durch einen unglaublich herzhaften Geschmack. Die Konsistenz war die von warmem zerfließenden Käse. Durch den enorm würzigen Saft, welcher sich im ganzen Mund ergoss und den knusprigen Chips als Kontrast, ergab sich ein geniales Geschmackserlebnis.

Die Pfifferlinge und natürlich die Ravioli waren von einzigartigem Geschmack, welchen man so schnell nicht vergisst.

Der dritte Gang war ein Highlight.

„Konfierte Steinbutt-Schnitte auf Ragout von Senfsaat, Oliven und Tomatenfleisch“.



Dazu gab es noch zwei Stückchen Pulpo mit Zwiebel und es wurde reichlich Soße nachgegossen.

Die Soße zeichnete sich durch einen prägnanten Essiggeschmack aus, welcher in Verbindung mit der fetten Steinbuttschnitte und dem enorm wuchtigen Tomatenfleisch überraschend neue Aromen hervorbrachte.

Die Soße war hauptverantwortlich für das Geschmacksbild und ich liebte diese hocharomatische Weise, wie der Fisch hier präsentiert wurde.

Für den Hauptgang wählten wir ein Glas Rotwein, wobei uns hier ein sehr starker Bandol aus dem Jahre 2004 von der Domaine Tempier empfohlen wurde.



Der Hauptgang: „Kotelette und Sattel vom Pauillac-Lamm mit Auberginen-Konfit und orientalischer Sesam Gewürzjus“.

Das Auberginen-Konfit wurde erweiter mit einem Tomatenchip, als Beilage gab es Couscous mit weißen Mandelstückchen, welcher vermutlich mit Kurkuma oder einem leichten Curry gewürzt war.



Wie ich es auch an Wohlfahrt weitergab, war ich sehr angetan von der Art wie er die Fleischgänge zubereitet und präsentiert.

Der Gang trug eine unglaubliche Harmonie in sich und präsentierte das Pauillac-Lamm einfach auf beste Weise. Das Fleisch war natürlich perfekt gegart, schön zart, weich.

Die Soße wurde auch hier wieder nachgereicht und unterstrich hier genau so schön den Charakter des Fleisches in all seinen Nuancen.

Wohlfahrts Soßen sind wirklich köstlich!

Das Auberginen-Confit harmonierte sehr gut zum Fleisch, war schön intensiv. Der Couscous geprägt von einer Leichtigkeit, hatte Nuancen von Limonen und wirkte erfrischend zum schweren Lamm mit dem intensiven Sößchen.

Auf Anliegen von Herrn Fischer bekamen wir als nächstes unseren zweiten Hauptgang von der Karte, welcher mit Chili und Sproßen an asiatische Küche erinnerte uns sich somit von den anderen Gängen des Menüs unterschied.

Es war eines von Wohlfahrts wohl berühmtesten Gerichten (oder zumindest eine Abwandlung):

„Lackierte Barbarie-Entenbrust mit Tannenhonig und schwarzem Pfeffer, Brokkoli, Sprossen, Ingwer und Limonensauce“.

Hierzu wurde uns noch ein Kartoffelblini gereicht.



Dies war der allerbeste Fleischgang, den ich je in einem Sternerestaurant präsentiert bekommen habe.

Die Entenbrust war derartig zart und so stark im Geschmack, dass ich davon wohl hätte den ganzen Gang alleine essen können.

Durch den „Lack“ wurde jedem Stück Entenbrust noch eine schöne Knusprigkeit verliehen, wie man es aus asiatisch geprägter Küche oft bei Entenfleisch kennt.

Dazu gab es einen Rosmarinspieß mit karamelisiertem Apfelmus.

Dieses Spießchen spielte eine zentrale Rolle in diesem Gang. Es verfeinerte den herben Geschmack der Ente, sorgte dafür, dass das Fleisch nicht zu sehr dominierte, wobei der Rosmaringeschmack in Verbindung mit dem Tannenhonig dafür sorgte, dass er Gang dann nicht nur rein an asiatische Küche erinnerte.

Das braune Sößchen und die Brokkolistücke waren die perfekte Grundlage um das Fleisch zu präsentieren, der Kartoffelblini eine schöne Ergänzung, vor allem weil er die Aromen des Fleisches spielen lassen konnte und durch seinen eher neutralen Geschmack das Fleisch so wie es zubereitet wurde, nicht störte.

Dazu kam noch ein Stückchen Entenleber, welche mit ihrer cremig-schmelzigen Konsistenz und dem fetten Geschmack den Gng abrundete.

Umso mehr freut es mich, dass ich die Grundlagen für dieses Rezept in meinem Wohlfahrtbuch nachschlagen kann (Lackierte Taube). Ich werde sicherlich versuchen dieses Geschmackserlebnis zu reproduzieren. Der Gang hat mich enorm inspiriert und angeregt mit diesem Aromenfeld selbst zu arbeiten.

Nach diesem kulinarischen Höhepunkt gab es den „Käse vom Wagen“, welcher vom elsässischen Affineur Bernard Anthony, einem der wohl bekanntesten und wohl am meist geschätzten Affineure stammt.



Die Auswahl überließ ich wieder den Experten uns bereute dies nicht. Alles Käse von mild bis würzig waren wahre Meisterwerke, wie man sie so nur selten zu kaufen bekommt.
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