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Registrierungsdatum: 28.10.2009
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AW: Wielandshöhe Stuttgart, November 2010 (Vincent Klink,*)
Hier der zweite Teil:
Zitat:
Zum Hauptgang gab es ebenfalls einen Wein von Aldinger. Ein Spätburgunder aus dem Jahre 2008, trocken **.
Serviert wurde "Involtini vom Herrmannsdorfer Milchkalb mit provenzialischem Kräutergemüse und Nudeln". Ein perfekt umgesetzter Gang. Aromatische Sauce, sehr gut gewürztes, ziemlich weiches Milchlamm, auf den Punkt gebrachte Nudeln und Kräutergemüse von höchster Qualität, bei der jedes einzelne Gemüse sein eigenes Geschmacksprofil hatte, welches gut erhalten wurde. Kein Gemüseeinheitsgeschmack mit jedem Löffel.
Ein gut umgesetzter Gang, der jedoch für mich ein klein wenig zu langweilig war. Ich würde ihn jedenfalls nicht auf der Karte lassen. Wobei ich da ganz subjektiv rangehe.
Ein wahres Schmankerl, war der Hauptgang meiner Begleitung, welche ersatzweise die Empfehlung des Tages nahm. Diese sah man an mehreren Tischen, was seine Berechtigung hat.
Die "entbeinte Ente aus dem Burgung à lorange mit glasiertem Gemüse und Kartoffelpüree" war sehr delikat. Ein Klassiker in Perfektion. Geniales Gemüse und dazu die köstliche Ente bester Qualität mit schönem Eigengeschmack.
Der Püree wurde in einem kleinen Schmortöpfchen von Le Creuset serviert. Gut durchdacht, denn der Püree blieb so lange schön temperiert und war ein Eye Catcher zugleich.
Das gereichte Predessert flachte dann jedoch leider ab. Das Joghurtmousse mit Birnensauce schmeckte so, wie sie aussah: nach nichts.
Das Vordessert war einfach nur langweilig und überflüssig, da es nicht einmal eine erfrischende oder anregende Funktion hatte.
Als dann das Menüdessert gereicht wurde, hatte ich zuerst Bedenken, nach der einfallslosen Einstimmung. Der " Pudding von der Zartbitterschokolade mit Vanillesauce und Vanilleglace" wirkte unspektakulär und einfach. Doch genau hier war Vorsicht geboten. Dieses klassische simple Dessert war äußerst schmackhaft. Der sehr schokoladige Pudding war von bester Konsistenz und entfaltete einen tollen Kakaobohnengeschmack. Auf Nachfrage, wie bereits vermutet, wurde dieser mit Schokolade von Valrhona zubereitet.
Die Vanillesauce diente als Bindglied zwischen Pudding und Vanilleglace. Die drei Komponente ergaben ein tolles Geschmackserlebniss im Trio.
Nach diesem gelungenen Dessert, hatten wir noch nicht genug und nahmen ein zusätzliches Dessert von der Dessertkarte. Ich nahm ein "Topfensoufflé mit Quitten und Topfenglace".
Dieses klassische Dessert war ebenfalls ähnlich wie das Menüdessert aufgebaut. Es bestandt aus drei Komponenten, die miteinander harmonierten und den Reiz des Desserts ausmachten. Quittenkompott und Soufflé waren mit jedem Löffelstich ein Vergnügen. Das Soufflé, welches zwanzig Minuten Zubereitungszeit beanspruchte (die sich lohnten), hatte einen wunderbaren Eiergeschmack. Das Glace wusste diese sinnliche Verbindung am Gaumen zu zügeln.
Bestes Desserterlebnis! Dieses Dessert sah man auch an mindestens 5 weiteren Tischen.
Meine Begleitung wählte " Meringe mit crème chantilly, Ananas und Ananasglace". Wieder ein klassisches Dessert, ebenfalls köstlich.
Wie der Gault Millau es schon beschreibt, sind die Desserts alle handwerklich exzellent zubereitet, jedoch nicht aufregend und kreativ. Bei all dieser Perfektion sei dies doch verziehen, denn wenn man solch klassische Desserts auf derartigem Niveau serviert bekommt, dürstet es einem auch gar nicht an Innovation und Überraschungskunst.
Ein Blick auf die Dessertkarte reicht um zu sehen, dass man hier versucht mit möglichst wenig Zutaten viele Desserts zu machen. Klassische Zutaten wie Schokolade, Kakao, Vanilleglace dominieren hier die Karte. Es gab unter anderem noch geschmorte Williams-Christ-Birne mit Vanilleglace oder ein Schokoladentörtchen mit Kakaosorbet. Des Weiteren gab es Sorbetvariationen.
Nachdem fast alle Gäste bei den Desserts angelangt waren, wurde es ruhiger im Restaurant und auch der Service verbesserte sich. Man konnte sich entspannter mit den Gästen auseinandersetzen und die Aufmerksamkeit stieg.
Zum Espresso wurden Petit Fours gereicht, die durchschnittlich waren. Allesamt gut, jedoch im Gesamtkontext belanglos. Lediglich der mit Vanillecrème gefüllte Miniwindbeutel stach heraus.
Vincent Klink war ebenfalls anwesend und wusste mit seinem schwäbischen Charme umzugehen. Er wirkte sehr entspannt und gut gelaunt, was auch die Gäste ansteckte. Mehrmals lief er im Restaurant umher und erkundigte sich nach dem Wohlbefinden seiner Gäste.
Was bleibt also?
Resümierend war der Besuch ein Erfolg und sehr lehrreich. Vincent Klinks Küche präsentiert sich mit deutlich erkennbarem Stil. Trotz der Anspannung im Service wurde sehr gut gekocht. Auch wenn der Service desaströs für das Gesamturteil ausfallen müsste, so bleibt doch ein charmanter Besuch in Erinnerung.
Wie sieht es in der Gesamtwertung und im Vergleich mit anderen Einsternern aus? Was bleibt von Klinks Philisophie der regionalen, mediterranen und einfachen Saisonküche?
Beachtet man die Zutaten der Menükarte, so müsste rein theoretisch ein günstigeres Menü angeboten werden könnnen, als bei sonstiger Gourmetküche mit edlen Zutaten wie Hummer oder Trüffeln. Vom einfachen Lauchquiche über Maultaschen bis hin zu Linsen oder dem einfachen Hokkaidokürbis in Suppenform, Klink zieht seine regionale Küche durch. Ist dieses Modell dann aber nicht zum scheitern verurteilt, wenn eine Hummersuppe anderswo genauso hochpreisig angesiedelt ist wie Klinks Kürbissuppe?
Ich denke nicht.
Klink selber hat einmal gesagt, dass man eine einfache regionale Küche durchaus günstig machen kann. Möchte man aber die Philosophie von der Biokarte von oben bis unten durchziehen und beste regionale Produkte von kleisten Produzenten beziehen, so ergibt sich hieraus ein deutlicher Mehraufwand, dessen Resultate nur wirklich interessierte Besucher wertschätzen können. Macht man sich hierbei keine Gedanken, so erscheint eine einfache Kürbissuppe als zu teuer und Klinks Philosophie damit als undurchführbar.
Doch wo bekommt man anderswo eine derartig sorgfältig ausgewählte und perfekt umgesetzte Küche präsentiert wie hier?
Klinks Wielandshöhe hat Charme, einen eigenen Stil, den man in vielen Einsternen, die sich an den absoluten Topadressen orientieren, ab und zu vermisst. Eine klare Handschrift zieht sich durch die Karte wie ein roter Faden. Genau dies macht die Wielandshöhe aus. Da sei auch ein überforderter Service vorerst vergessen, denn dieser ist fernab von Perfektion, jeoch bemüht.
Wenn ich auf der Karte vom Hermannsdorfer Milchkalb mit Nudeln lese und dazu die Weinempfehlung vom Württemberger Weingut Aldinger, welches sich quasi in Sichtweite der Wielandshöhe befindet, entdecke, bin ich glücklich.
Mit anderen Worten gesagt: Hier gehe ich gerne wieder hin!
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