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Taillevent

Ich feiere jetzt ein kleines Jubiläum und schreibe meinen 200sten Beitrag. Er handelt von einem Höhepunkt in meinem Feinschmeckerleben, den ich im Mai 2007 erleben konnte, nämlich den Besuch bei Dieter Müller, einem der höchst dekorierten Köche Deutschlands.
Nach einem kleinen Irrweg, Schloss Lerbach ist gar nicht so einfach zu finden, trudelten wir im Schlosspark ein. Das Schloss ist eine ideale Kulisse für ein Spitzenrestaurant. Dann in das Restaurant Dieter Müller, freundlicher Empfang, der Wintergarten scheint stilmäßig nicht ganz zum Schloss zu passen.
Wir haben uns dann für das Amuse-Bouche-Menu, das es nur mittags gibt, entschieden:

Gebrannte Creme mit Praline von Gänseleber
Gebratene Gänseleber mit Frühlingsmorcheln und Polenta
Gänseleberterrine auf Kakaovelours und Feigengelee

Roulade von leicht geräuchertem Saibling, Blattsalatsauce, Kartoffel-Spinatragout
Soufflierter Loup de Mer mit weißer Krustentiersauce und geschmortem Fenchel
Gebratenes Doradenfilet, Bouillabaissesauce, Risotto von Tintenfischen

Cappucino von Curry und Zitronengras mit Gambarettispieß
Erbsen-Minzsüppchen mit sautierter Wachtelbrust
Entenconsommé a la Chinoise

Kalbsfilet im Kräutermantel, Sauce riche, Markbällchen, Sellerieconfit
Roulade von Taube und Entenleber, Pfeffer-Anissauce, Rote Bete, gebackenes Wachtelei
Geschmorte Schulter von Simmenthaler Rind, Barolojus, Tortellino mit Zwiebelcreme

Soufflierte Creme von Kürbiskernen
Creme Brulee von Tahitivanille und Tonkabohne
Geliertes Süppchen von Rhabarber mit Champagnercremesorbet
Schokoladenspitz mit Parfait von Schokolade und schwarzen Oliven
Mousse von Kalamansi mit Himbeeren und süßem Pesto
Fondant von Jivaraschokolade und Koriander

Eistrilogie mit Sorbet vom Basilkum, Rahmeis von Ivoireschokolade und Bananen-Kirscheis

Das Ganze war ein Feuerwerk an Geschmäckern, die Übersicht haben wir nur mit wiederholtem Nachlesen der Speisenfolge wahren können. Jedes Winzgericht war auf beeindruckendem Niveau, trotz der Vielzahl der Gerichte gab es keinen Hänger. Eine (oder zwei) schöne Flaschen Wein dazu, so kann das Leben weiter gehen.

Am Nachbartisch wurde Käse gegessen, den mussten die Gäste selbst holen, das finden wir etwas gewöhnungsbedürftig.

Zum Schluss machte Herr Müller noch seine Runde, ausgesprochen freundlich, eher zurückhaltend, ohne unverbindlich zu sein, auch in dieser Hinsicht ein Vorbild für seine Kollegen.

Das Amuse-Bouche Menu hat € 120,-- gekostet, das ist Schnäppchenjagd, wie ich sie liebe.

Kulinarische Grüße
Taillevent

Lisa M.

"Das Amuse-Bouche Menu hat € 120,-- gekostet, das ist Schnäppchenjagd, wie ich sie liebe."

Knapp 240 DM für ein Essen ohne Getränke ? Deinen bisherigen Schilderungen nach zu urteilen, kann man sicher nochmal 100 Euro für die Getränke dazurechnen. Macht dann summa summarum 440 DM für ein Abendessen.

Tut mir leid, aber da habe ich vorsichtig formuliert Probleme damit, in einer Zeit, wo ganze Familien einen Monat von diesem Geld leben müssen.

Aber gut, Ansichtssache.

Lisa

Taillevent

Natürlich ist teures Essen (und Trinken) Luxus, wie 1000 andere Dinge auch. Aber Herr Müller macht keine Gefangenen, es sitzen nur Freiwillige im gut gefüllten Restaurant. Er und seine Mitarbeiter (und ihre Familien) leben davon. Daher macht ein Restaurantbesuch nicht nur Spaß sondern auch Sinn.
Kulinarische Grüße
Taillevent

Pimiento

Dieter Müller hat ja aufgegeben - ich habe für August einen Tisch dort reserviert und bin mal gespannt ...

Taillevent

Man hat 2008 offiziell gemacht, was schon länger de facto funktionierte. Nils Henkel, der schon viele Jahre als Co-Küchenchef werkt, hat das Zepter (gemeinsam mit dem Patissier) übernommen. Auf der Website erweckt man aber immer noch den Eindruck, als ob DM Küchenchef sei.
Ich bin schon gespannt, lieber Pimiento, ob Dir Veränderungen auffallen und würde mich über einen Bericht sehr freuen.
Kulinarische Grüße
Taillevent

Pimiento

Schön, dass Du auch einmal die soziale Komponente herausgearbeitet hast!


Grüße von
pimiento

Taillevent

Ich gehe natürlich nicht aus sozialen Überlegungen in Luxusrestaurants. Ich wollte einfach darauf hinweisen, dass unser Wirtschaftssystem nicht funktionieren würde, wenn alle sich nur auf Lebensnotwendiges beschränkten.
Spassbremsen bezeichnen gern alles, was sie sich nicht leisten können oder wollen, als dekadent.
Kulinarische Grüße
Taillevent

Pimiento

So,

ich war letztes Wochenende mal auf einen Happen in Bergisch-Gladbach und kann von dort nur Gutes berichten: Die Zusammenstellung aus 19 Vorspeisen erwies sich als grandios, es gab keinen einzigen Hänger. Als Highlights habe ich die gebratene Gänseleber, die Jakobsmuschel und das 'Cappuccino von Curry und Zitronengras mit Flußkrebs' empfunden. Vom Müritzlamm im Kräuterbisquit (niedrigtemperaturgegart) gar nicht zu reden, davon hätte ich gern noch ein Pfund!

Der Besuch hat sich gelohnt, es wird - wie es die Sterne vermuten lassen - sehr hochklassig gekocht und angenehm, aber nicht übertrieben dekoriert. Spitzenküche ohne grelle Experimente, wenngleich die zuletzt offerierten Schoko-Pralinen mit Kümmel innovativ abschreckten, aber doch köstlich mundeten - angedeutetes Kümmelaroma kam erst nach etwa einer Minute.
Lob gibt's auch für den freundlichen, sehr aufmerksamen Service, durch das helle Ambiente hatte ich fast ein Zu-Hause-Gefühl; da habe ich allerdings keine Kümmelpralinen. ;-)
Insgesamt blicke ich auf ein sehr schönes 3-Stunden-Erlebnis zurück und empfehle dringend die Nachahmung. An den Tisch kam allerdings ein gut gelaunter Herr Müller, nicht Herr Henkel. Unbedingt reservieren!

Viele Grüße
pimiento