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03.11.2005, 10:28 | #1 |
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AQUA, Wolfsburg
Sanft plätscherndes Wasser, leichte Wellenbewegungen, romantischer Kerzenschein, gedämpfte Atmosphäre und ein großer Wein - Viele Reiseberichte könnten so eingeleitet werden. Aber sind wir ehrlich, die wenigsten über Wolfsburg, dem beschaulichen Industriestädtchen in Niedersachen. Das dem im Jahre 2005 nicht mehr so ist, daran hat ein Mann wesentlichen Anteil: Sven Elverfeld, seines Zeichens Chef de Cuisine im Ritz-Carlton.
Elverfeld ist einer jenen jungen Köche, von denen wir persönlich nicht genug treffen können, um Ihre Kunst zu erleben. In jüngster Vergangenheit wurde uns diese Ehre bei Christian Bau zuteil, der vor kurzem vom Feinschmecker zum Koch des Jahres gewählt wurde. Wie Bau, begreift auch Elverfeld die Küche in erster Linie als seinen Arbeitsplatz, an dem er auf hohem Niveau mit Liebe zum Detail und einer großen Portion Herzblut Spitzenleistungen bringen will, ohne dabei in ein auf den ersten Blick kreatives, auf den zweiten Blick übermäßig künstlerisches Gehabe zu verfallen. Dieses Auftreten vereinfacht nicht nur die Ansprache und Kommunikation mit dem Gast, sondern auch das Arbeiten in einer Küchenmannschaft, in der immer einer der Kopf sein muss, aber keiner autokratischer Alleinherrscher. Es ist in erster Linie der persönliche Umgang, der eine große Sympathie für Elverfeld entstehen und den Eindruck gewinnen lässt, dass man das Haus als Genießer betritt und als Freund verlässt. Aber es eröffnet Elverfeld auch die große Chance, einem sich innerlich und emotional öffnendem Gast entgegenzutreten, der sich auf Arbeitsweise, Speisen und Komposition, auf höherem Maße einlassen möchte, als ein normaler Konsument. „Involvement“ nennt man diesen Umstand in der Managementsprache und man muss Elverfeld und seiner Mannschaft attestieren, dass es ihm bei beiden unserer Treffen mit natürlicher Leichtigkeit gelungen ist, ein solches in hohem Maß bei uns zu erzeugen. Bei unserem jüngsten Besuch war es daher für umso spannender zu erfahren, wie Elverfeld diese Fähigkeiten am Pass umsetzt. 15 Gänge lang durften wir erkunden, was Elverfelds Interpretation von Kochkunst bedeutet. Spannende, gradlinige und klar interpretierte Speisenkombinationen mit exzellenter handwerklicher Ausführung und - wir hatten es bereits bei unserem Besuch bei Dieter Müller angedeutet - Elverfeld stellt nicht sich selbst, sondern die Zutat als Kernelement der Komposition in den Mittelpunkt. Beginnend beim Amouse Bouche ist es unserem Gaumen vergönnt, Fisch und Fleisch in Perfektion anzutreffen, die den Garungstendenzen von Helmut Thieltgens gleichkommen. Wo Thieltges’ Waldhotel jedoch enttäuschte, punktet das Aqua in selten erlebter Höhe: dem Sommelier und der damit einhergehenden Weinbegleitung. Jürgen Giesel nimmt sich mit der ihm eigenen Kompetenz und Leichtigkeit dem Gaste an, entführt ihn – diesen Willen zum Fallenlassen vorausgesetzt – in bis dato unbekannte Regionen und steht als Reisebegleiter auch an der oftmals verlustreichen Front zwischen Weinen und Speisen stets auskunftsfreudig zur Verfügung. Wir betrachten diese Generation von Sommerliers als die „jungen Wilden“, die ähnlich den jungen aufstrebenden Winzern in Deutschland stets versuchen, neue Wege zu beschreiten, trotzdem jedoch althergebrachte und bewährte Traditionen zu wahren. So passte der doch untypische slowenische Chardonnay hervorragend zum Atlantik Rochenflügel an Pistazienbutter, einer der Spezialitäten von Sven Elverfeld. Er nahm die wesentlichen aromatischen Einflüsse auf und bestand in dieser Kombination, wie man es sich von einem korrespondierenden Wein verspricht. Auf Empfehlung von Herrn Giesel wurde uns das Weingut Popp in Franken näher gebracht. Hier haben die Brüder Ernst und Johannes die Aufgaben des kürzlich verstorbenen Vaters übernommen und produzieren inzwischen herausragende, manchmal ungewöhnliche Weine wie den 2004er Sylvaner Auslese, der dezent im Barrique ausgebaut wurde. Zusammen mit den offenen Raviolo mit bretonischem Hummer präsentiere sich uns ein absolutes „Dream-Team“. Es gibt wenig, was man Elverfeld und seinem Team an konkretem Kritikpunkten ins Buch schreiben könnte. Im Gesamtauftritt unter Berücksichtigung des herausragenden Service war unser Besuch sicherlich eine der gelungensten Gesamtleistungen dieses Jahres. Sicherlich: Die ein oder andere Kreation lässt Diskussionsspielraum zu, ob und in welcher Form Beilage und Herzstück harmonieren, so beispielsweise die Gremolata-Cannelloni zum Pauillac-Lammrücken oder der Rosenkohl zum Kürbistörtchen. Aber auch das gehört zu großer Küche, dass sie Luft für Meinungen und Diskussionen lässt und auch einmal aneckt. Paris hat die Seine, Wolfsburg die Sünde - so möchte man angesichts der Entwicklungen der Vergangenheit doch gerne über dieses Städtchen in Niedersachen titeln. Dass sich dieser Umstand so grundlegend gewandelt hat, daran hat nicht zuletzt VW entscheidenden Anteil. In diesem Zusammenhang muss sicherlich auch Ferdinand Piech genannt werden, der von Jürgen Dollase einmal mit der ständigen Unterforderung, die dem Menschen so schade, zitiert wurde. Und wenngleich wir uns nicht anmaßen möchten, im Detail über seine Entscheidungen zu urteilen, so dürfte er doch mit dieser goldrichtig gelegen haben. Denn die Herausforderung auf höchstem Niveau ist es wohl, die Elverfeld seinem Team zumutet, die aber gleichzeitig Servicequalität und Betreuung auf solch lichte Höhepunkte katapultieren. Ohne abgeklärt zu wirken, sitzt hier jeder Handgriff und ohne gelangweilt zu sein, läuft alles nach Plan. Individuelle Ansprache gepaart mit hoher persönlicher Identifikation - ein Erfolgskonzept, das die Hotellerie des Hauses Ritz-Carlton ohne Zweifel geprägt hat, aber in Verbindung mit Elverfelds Kochkunst ein großartiges Gastronomiekonzept hervorbringt. Wenn im Texas die Sonne aufgeht, neigt sich im Ritz-Carlton der Tag dem Ende und Sven Elverfeld hat im fünften Wirkungsjahr wieder einigen Genussmenschen einen großartigen Abend bereitet. So glücklich sich der Konzern über diese Konstanz auch schätzen kann, so wünschenswert wäre es sicherlich für ebenso viele, wenn er seine kulinarische Botschaft auch eines Tages mit anderen Winkeln und Weiten der Republik teilen würde. Küche, die begeistert - Ein Tag mit Sven Elverfeld und seinem Team schlägt jeden Traumurlaub: Spannung, Kreativität und Erholung auf höchstem Niveau. copyright: http://www.sternefresser.de |
06.11.2005, 11:32 | #2 |
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AW: AQUA, Wolfsburg
Hallo sternefresser,
vielen Dank für den schönen Bericht. Wenigstens jemand, der die Tempel noch besucht. Oft scheint mir, es hat zwar jeder über Spitzenrestaurants eine Meinung, aber man will sich lieber persönlich nicht in Ausgaben stürzen, weil Siebeck, Dolasse und wie sie alle heißen, bereits Meinungen, die man nachbeten kann, vorgeben . Ich hoffe, dass Deine Berichte nicht auch derart missbraucht werden . Gruß Taillevent |
08.11.2005, 05:02 | #3 |
Gast
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AW: AQUA, Wolfsburg
*gelöscht* (Worauf sich Taillevents Posting bezog)
und abgesehen davon: Sternefressers Beitrag finde ich sehr informativ. Über das Aqua habe ich schon einiges in Gourmetmagazinen gelesen, bisher immer nur Gutes. Besonders gefällt mir auch die Einrichtung des Restaurants, zumindest was ich auf Fotos gesehen hatte. Gruß, Bonito. Geändert von Bonito (09.11.2005 um 01:57 Uhr). |
08.11.2005, 10:54 | #4 |
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AW: AQUA, Wolfsburg
Lieber Bonito,
vielen Dank für die allgemein verständliche Antwort. Weiter so Taillevent |
14.08.2012, 18:46 | #5 |
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AW: AQUA, Wolfsburg
Wolfsburg liegt für uns nicht um die Hausecke, es hat daher gedauert, bis wir unseren letzten ***er in Deutschland besuchen konnten.
Das Ritz-Carlton mit seinem Restaurant Aqua liegt in derVW-Metropole, in der Autostadt. Vorgefahren sind wir mit einem Reiskocher, aber sie haben sich nichts anmerken lassen und uns trotzdem sehr freundlich empfangen. Zur Auswahl stehen zwei (kürzbare) Menus, das aqua Visionen und das aqua Impressionen, wir haben uns für ersteres (ohne Käsegang) entschieden: Snack & Knusperillos Suppen-Shots Jakobsmuschel & Garnele - süß / würzig Kaninchen - Pot au feu "Erinnerungen an Kreta" Bries & Sülze vom Weidekalb Champagner Crèmesorbet Altmärker Rehbock Buttermilch & Johannisbeeren Süßes Finale Pralinen Der Küchenchef heißt Elverfeld und pflegt einen modernen Stil, das heißt jeder Gang ist ein Durcheinander an erstklassigen Zutaten und an verschiedenen Garmethoden. Das schmeckt dann nicht nur saugut sondern sieht auch ebenso aus. Das Eis ist aber dünn, Elverfeld (bzw seine Crew) bricht aber nicht ein sondern tanzt souverän seine Pirouetten. Großartiger Beginn, dann der Kaninchen Pot au feu, draußen huschen putzige Kaninchen über die Grasdächer der Autostadt. Das Pot au feu habe damit nichts zu tun, wurde uns versichert, Wolfsburg leide unter einerKaninchenplage. Das Eintopf war salztechnisch ein Grenzfall, das folgende Bries war schlicht und einfach versalzen. Nein, wir haben nicht reklamiert, man hat uns nicht gefragt und uns war nicht nach Umständen zumute. Ein himmlisches Sorbet, eine Klasse-Rehbock, wunderbare Desserts. Dazu ein sicherer Service mit einer erstklassigen Rotwein-Empfehlung, Arbossar 09, Terroir al Limit, ein sehr eigenständiger, eher rotbeeriger Carinena aus dem Priorat. Ein großartiges Restaurant, Herr Elverfeld haben wir leider nicht gesehen, vielleicht hat es deshalb ein paar Abstimmungsprobleme in der Küche gegeben. Schade, einen kleinen Abzug muss es für die Verliebtheit des Koches geben, daher 18,5 Taillevent-Punkte Kulinarische Grüße Geändert von Taillevent (14.08.2012 um 22:19 Uhr). |
15.10.2012, 11:33 | #6 |
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AW: AQUA, Wolfsburg
lieber taillevent,
wenn immer du schreibst erwarte ich höchstleistungen und entsprechend kunstvoll gestaltete menüs. ich muss ganz ehlrich sagen, dass mir die speisenfolge im aqua eher ein naserümpfen bescherte, was mit meiner eigenen borniertheit bezüglich meiner erwartungshaltung zu tun hat. warum nicht ein ganz normales menü, auch wenn es das aqua ist. dort war ich noch nie, obwohl ich früher in der gegend zu tun hatte, aber leider eben nicht. deine beschreibung ist diesmal ein wneig kurz ausgefallen und daher verlasse ich mich auf deine bewährte bewertung von sage und schreibe 18,5 punkten und die nur wegen der salzinvasion, muss wirklich toll gewesen sein. offenbar ein grosser tipp und ganz sicher einen besuch wert. übrigens war ich kürzlich in kopenhagen und hatte vorbestellt, bei noma. freute mich wie ein kind auf den besuch und konnte dann leider nicht gehen, weil ich mir den fuss brach. in der letzten zeit hatte ich echt pech, immer wenn ich was kulinarisches erleben wollte, passierte irgend etwas unvorhergesehenes. nun muss ich mich wieder hinten anstellen und warten..... liebe grüsse und danke: bbw |
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